Peru (01.04. - 11.05.)

Von Zumba kurz vor der Grenze zu Peru geht es weiter nach San Ignacio, nachdem ich die elektonischen Startproblem bei meinem Motorrad gelöst habe. Es springt wieder einwandfrei jederzeit an, auch wenn ich mir wegen der Batterie immer noch nicht sicher bin. Das ist jetzt erstmal das kleinste Problem. Nachdem ich noch kurz im Internetcafe in Zumba auf die Seite von Peter und Catherine geschaut habe, ist mir ehrlich anders geworden. Es war mir schon bekannt, dass die „Straße“ hinter der peruanischen Grenze noch viel schlechter sein soll als die bis nach Zumba, nur schlechter geht nicht mehr, nachdem ich dort unter eine Schlammlawine geraten bin und mein Motorrad von einem großen LKW herausgezogen werden musste. Ich fahre dennoch los, der Weg zurück wäre lebensgefährlich.

Von weit oben in den ecuadorianschen Bergen kann ich bereits den Grenzübergang nach Peru erkennen. Und es wird noch mal richtig kritisch. Ein sehr steiler matschiger Weg führt hinab ins Tal. Absteigen geht nicht mehr. Zu spät, zu steil. Also arbeite ich mich Zentimeter für Zentimeter mit gezogener Kupplung und Vorderradbremse, die Füße am unebenen Boden den Weg hinab. Eine gefühlte halbe Stunde für 300 Meter steilste Strecke, die nicht von Bedeutung ist, sondern einzig und allein das heile Ankommen, denn hier ist keine Menschenseele, die mir helfen könnte. Meine Hilferufe würden die Menschen unten an der Grenze nicht hören können. Zu weit entfernt. Selbst das letzte Stückchen hochkonzentriert, bis ich sicher sein kann, dass alles geklappt hat.

Unten an der Grenze könnte ich am liebsten alle umarmen und bekomme bewundernde Blicke von allen Männern. Die können wohl kaum glauben was sie gerade sehen: Ein Motorrad hier und dazu noch eine Frau. Und ich erfahre, dass gestern zwei Touristen wieder umgedreht sind, weil der Weg in Peru noch viel schlechter war. Macht mir allerdings gerade keine Angst mehr. Die Formalitäten sind schnell erledigt. Ich nehme mir die Zeit und kaufe etwas zu trinken.

Auf der anderen Seite angekommen, finde ich eben solche netten Grenzer vor. Eigentlich sollen die immer betrunken sein, sagte man mir in der Hosteria in Vilcabamba. Sind sie aber nicht. Und während Peter und Catherine vor zwei Tagen noch geschlagene zwei Stunden warten mussten, weil der Computer ausgefallen war, frage ich den Grenzer sofort, ob er meine Motorradimportbescheini-gung auch per Hand scheiben kann, denn auch heute gibt es hier keinen Strom. Macht er ohne zu zögern und schickt mich währenddessen schon mal den Passstempel holen und zur Polizeikontrolle. Nehme mir auch hier die Zeit zum Geld wechseln und kaufe fünf Zigaretten ein, falls es auf dem weiteren Weg korrupte Polizisten geben sollte. Meine Idee, ich kann sie damit bestechen. Aber auf korrupte Polizei  - vor der ich gewarnt wurde - treffe ich hier in Peru nicht.

Dafür einen Blick auf den Fluß und eine kleine Höhle, die ich schon bei Google maps gesehen hatte. Schön, wenn man in solch einer Fremde etwas wieder erkennt. Und die Wege sind hier erstmal gar nicht so schlecht. Das ändert sich allerdings sehr schnell.

Mein einziges Glück ist es, dass meine Rechnung aufgegangen ist, dass um die Mittagszeit schlammige Wege bereits wieder eingetrocknet sind, da die Äquatorsonne immens heiß ist. Diese Stecke ist im oder nach Regen nicht für Motorräder befahrbar und selbst Autos dürften hier trotz ihrer vier Räder enorme Probleme bekommen. Aus den 80 Kilometern Strecke kann da schnell eine zwei Tagestour werden, wenn man sich nicht den Hals bricht und an Übernachtungsmöglichkeiten (auch Zelten) braucht man gar nicht erst zu denken. Jemandem diese Strecke zu empfehlen wie es die Hosteria in Vilcabamba gemacht hat, ist grob fahrlässig, wenn nicht vorsätzliches Handeln. Echt unverantwortlich und gefährliches Abenteuer. Nur zurück zu fahren ist auch nicht besser.

Ich suche mir meinen Weg entlang der im Schlamm festgefahrenen Fahrspur und das erinnert mich irgendwie an die Pflicht beim Eislaufen, immer schön auf der Spur bleiben. Immer wenn ich allerdings Baustellenfahrzeuge oder kleine Dörfer sehe, weiß ich schon, dass es hier keine Fahrspuren mehr gibt und alles im tiefen nassen Schlamm versinkt. Und da heute Sonntag ist, gibt es keine Baustellenarbeiter, die mir eventuell aus der Patsche helfen könnten. An die Möglichkeit sich irgendetwas zu brechen, denke ich lieber erst gar nicht. Angst ist kein guter Begleiter in solchen Situationen habe ich auf dieser Reise gelernt, die lähmt nur und hier muss man handeln, d.h. weiterfahren oder Schlammwasserlöcher wie im Bild unten vorher abgehen, sonst wäre ich wieder versunken. Der Weg links durch das Schlammwasserloch ist über Kniehöhe tief, in der Mitte nicht machbar und rechts am Rand bin ich dann durchgekommen. Glück gehabt.

Zum Teil ist der lehmig nasse Weg sogar mit großen Steinen ausgelegt, was ihn nicht besser, sondern schlechter macht, da große Steine im Schlamm einen noch viel schneller aus dem Gleichgewicht bringen und die Gefahr sich hier zu verletzen enorm hoch ist. Aus einer viertelstunde langen Weg wird so fast eine Stunde. Auf den letzten Metern nach San Ignacio haben mir gleich zwei nette Peruaner geholfen mein Motorrad wieder aufzustellen. Das allerdings war wegen der glitschigen mit Schlamm bedeckten Stiefel fast nicht mehr möglich. Und für Fotos hatte ich keinen einzigen Gedanken mehr frei.

Nach sechs geschlagenen Stunden war ich heil froh in San Ignacio wieder Beton unter den Rädern zu haben. Da ist es für mich überhaupt kein Problem und sogar eher lustig, dass es in der ganzen Stadt heute keinen Strom gibt und ich im dunkeln Bad des drei Sterne Gran Hotel dusche. Fast ein bisschen romatisch, dass hier Kerzen auf den Treppenstufen zu den Hotelzimmern stehen. Der Weg hinter Jaen ist geplastert und vorher soll es sich um eine Piste handeln, die besser zu sein scheint. Auf meiner Karte ist sie nicht mehr in gelb eingezeichnet, sondern bereits organe. Ein gutes Zeichen hoffe ich.

Und eigentlich hat die englisch sprechende junge Frau in der Hotelrezeption gehofft, dass es um 18 Uhr wieder Strom gibt, aber es ist bereits 22:30 Uhr und ich gehe jetzt schlafen und mache meine batteriebetriebene Lampe aus. Gute Nacht aus Peru.