Kanadische Rocky Mountain

Auf der Weiterfahrt nach Banff, unsere letzten gemeinsamen Station durch die kanadischen Rocky Mountain hätte ich mir eigentlich besseres Wetter gewünscht, aber im nachhinein weiß ich wirklich nicht, wann diese Berge fanzinierender sind. Bei strahlendem Sonnenschein gibt es hier jeden Kilometer einen verblüffend anderen Blickwinkel oder einen neuen Rocky Mountain zu sehen, der wieder ganz anders ist als alle andern. Bei Bewölkung und Nieselregen sind die Rockys durch die immer wieder durchbrechenden Sonnenstrahlen ganz besonders ausgeleuchtet. Über 300 Kilometer fahre ich zweimal ab und könnte es immer wieder tun, werde nicht müde anzuhalten, abzusteigen, den richtigen Blickpunkt zu finden, zu genießen und ein Foto zu schießen. Charly ist dessen langsam müde geworden und wartet lieber bei einer Tasse Kaffee auf mich. Alles in allem werden es über 300. Die meisten werde ich mitbringen und später meinen FreundInnen zeigen, die bewegendsten könnt ihr hier ansehen:

Zwischendurch verbringen wir einen Tag im 130 Kilometer entfernten Calgary. Mein Motorrad braucht einen Ölwechsel und es tropft doch wieder Kühlerflüssigkeit in größeren Mengen heraus. Ich finde den BMW Motorrad Spezialisten „Anderwerks“, der eigentlich zu hat. Es ist der erste Freitag im September und hier feiert man die Labour Days bis einschließlich Montag. Als wir gerade wieder aufbrechen wollen zur nächsten BMW Werkstatt, kommt der Chef heraus und bittet uns an , in einer Stunde wieder zu kommen, dann wird man sich um mein Motorrad kümmern. Wir gehen in der Motorradkneipe um die Ecke etwas essen und John der Eigentümer gibt uns gute Tipps für die Weiterfahrt in die USA, von denen Charly nicht viel hält. Wir sollen bloß nicht über Montana fahren, da gäbe es nun wirklich garnichts zu sehen. Zurück in der Werksatt schildere ich noch kurz mein Problem, von dem ich hoffe, dass es keines ist, gebe meinen Schlüssel ab und wundere mich irgendwann nur, wie lange so ein Ölwechsel dauert. Als ich in die Werkstatt komme, ist mein Motorrad bereits in alle Einzelteile zerlegt und der Mechaniker erklärt mir, dass eine Dichtung im Kühlwassersystem undicht ist und der neue Bausatz mit Dichtung und Propeller mal eben 350 Dollar kosten soll plus Arbeitsstunden. Nachdem die Arbeit getan ist, mein Motorrad wieder läuft und ich die Rechnung erhalte, beschwere ich mich freundlich. Ich wäre vorher wenigsten gerne gefragt worden, bevor man teuere Reparaturen durchführt, die im Moment garnicht nötig sind und auf dem Weg nach Süden hätten noch gemacht werden können. Der Chef von Anderwerks hat ein Einsehen, entschuldigt sich mehrmals für das Missverständnis und schlägt vor, dass ich nur die Ersatzteile bezahle und ihn als meinen Reisesponsor betrachten soll. Mit Ölwechsel lande ich jetzt bei 283 Dollar. Das finde ich zumindestens fair.

Charlys und mein Weg trennen sich ab Banff. Die gemeinsame Arbeit an der Internetseite bestand daraus, dass ich den Computer gekauft habe und noch bei der Auswahl der gemeinsamen Bilder beteiligt war, geschrieben hat diese aber beständig alleine. Das ist keine Teamarbeit, so wie ich sie verstehe. Und auch die Privatssphäre leidet auf einer solchen gemeinsamen Reise beständig, insbesondere bei Telefonaten mit seiner zu Hause gebliebenen Freundin. Zudem stellt sich heraus, dass Charly zwar meine Ersatzteilliste zur Besorgung weitergereicht und die Ersatzteile bei sich untergebracht hat, aber meine Ersatzteile nicht vollständig sind. Gas- und Kupplungszug fehlen. Ich bin sauer. Das ist auch keine Teamarbeit gewesen. Hier wäre Kontrolle besser als Vertrauen gewesen. Später in Mexiko werde ich genau eine Woche auf diese Ersatzteile warten müssen und es damit zum vereinbarten Treffpunkt mit ihm nicht pünktlich schaffen.

Ich fahre alleine weiter über Golden und Revelstoke nach Nelson in Richtung USA. Bin froh, dass ich bereits in Revelstoke übernachte, weil sich der unbefestigte Weg nach Nelson am nächsten Morgen als eine besondere Herausforderung darstellt. Vor allem, wenn entgegen kommende Autofahrer meinen, ich könnte auf dem Schotter ausweichen oder rechts an den weichen Rand fahren, der in den Abgrund führt. Die Straße führt über 70 km oberhalb im Berg an einem See entlang und durch den Wald. Hier kommen nur noch kleine Wohnmobile weiter. Wohnmobilanhänger müssen an der Brücke drehen und zurück.

Bald habe ich Kanada hinter mir gelassen. Sehr sehr schade. Mittlerweile bin ich froh alleine unterwegs zu sein und atme tief auf. Im sicher schönsten Hostel in ganz Kanada, dem WhitehouseHostel bleibe ich noch zwei Tage und überlege während ich mein Motorrad wasche, ob ich hier nicht überwintern soll und jeden Tag Ski fahre. Dann geht es aber erst im Mai wieder weiter, wenn der Schnee verschwindet. Und während ich noch so träume, bemerke ich, dass meine Feststellschraube der Kette, das Gehäuse gesprengt hat und selbst völlig verbogen ist. Wieder ist eine Reparatur fällig. Und da keine BMW Werkstatt, sondern eine Honda Werkstatt vor Ort ist, kostet mich das ganze 150 Dollar. Das Ersatzteil wird von einem Auszubildenden in Handarbeit erstellt. Ich habe das Gefühl, das Teil glänzt zwar silbern, ist aber aus Gold. Ein Ersatzteil aus dem nur gut 200 km entfernten Spokane in den USA ist nicht lieferbar, weil es zu viele Formalia zwischen den USA und Kanada gäbe, erklärt mir der Servicemitarbeiter und in ganz Kanada ist bis morgen keins zu bekommen, wegen der Feiertage. Es ist Labour Day Wochenende. Das hat mich während der Fahrt durch die Rockys nicht besonders gestört. Bye, bye Rockys. Hier nochmal eine kleine ausgewählte Fotoserie. Reparaturen hin oder her, die Rockys bleiben in meiner Erinnerung!